Offener Brief an BGM Schweiger

Geschrieben von ProBürger am in Gemeinderat

…von Otmar Rieß

 

Dr.Otmar Rieß, Gemeinderat (ÜWG) 18. März 2009
Hammer Nr.8, 83620 Feldkirchen-Westerham
Tel. 08063/7546 + 809037 Fax 809036
E-mail: otmar.riess@t-online.de www.uewg-feldkirchen-westerham.de

Offener Brief an

Bürgermeister Bernhard Schweiger
Rathaus – Ollinger Strasse
83620 Feldkirchen

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
„ Von denen, die immer deiner Meinung sind, kannst du nichts gewinnen“ (Marie von Ebner-Eschenbach). Unter diesem Motto stand Ihr Einladungsschreiben zur ersten Sitzung des neu gewählten Gemeinderates im Mai 2008. Unter dem Eindruck, dass so manche Last von Ihren Schultern abgefallen war, konnte man damals glauben, dass Sie auch in der Zusammenarbeit aller Gemeinderäte jeglicher politischen Schattierung neue Wege der Kooperation jetzt zu gehen bereit wären. Nicht wenige, darunter auch ich, fassten dies als Versprechen auf. Meine Hoffnung, die für einen Neuansatz zur Bereinigung alter Vorgänge notwendige Selbstkritik der Räte und des Bürgermeisters auf dem Wochenend seminar am Feurigen Tatzelwurm im Oktober 2008 in die Gänge bringen zu können, erfüllte sich leider nicht. Aus meiner Sicht war eine echte Chance zu Beginn dieser Sitzungsperiode verspielt. Vor der Kommunalwahl gab es mehrere Fraktionssprechersitzungen im Rathaus, mit unterschiedlicher Zielsetzung von Ihnen in die Wege geleitet. Da dieses zusätzliche Instrument der Problemlösung damals im Vorfeld des Wahlkampfs in den Verdacht geriet, von Ihnen auch zum Ausschalten eines weniger geschätzten Kollegen eingesetzt zu werden, blieb dieser eigentlich sinnvolle Ansatz zunächst ohne Erfolg. Nach der Wahl blieben diese Einladungen aus. Und als sich mehrere Fraktionssprecher auf Grund von Eigeninitiative zwecks Optimierung von Meinungsbildungs- und Entscheidungsfindungsprozessen trotzdem trafen, setzten sie sich dem Vorwurf der angeblichen Konspiration von schwarz-grüner Seite aus. Erst nach dem kürzlich von allen Fraktionssprechern auf Einladung von Kollege Österle realisierten Treffen, von dem wohl auch Sie ausgiebig Information („Der Bürgermeister ist Teil des Problems!“ „Es gibt Gemeinderäte erster und zweiter Ordnung!“) erhielten, luden Sie zu der nun vorliegenden Fraktionssprechersitzung Ende März ein. „Schlimmer als blind zu sein ist nicht sehen wollen“. Dieser Satz einer Münchner Freiheitskämpferin des letzten Jahrhunderts machte mich dieser Tage in einer Theateraufführung nachdenklich. Und ich glaube, er trifft auch ein wenig auf Sie zu, wenn ich zum einen an Ihre Grundeinstellung zur Kritik allgemein und an die Pressemeldung im Mangfallboten vom 7./8.3.09 („Stolz auf Ministerin aus Feldkirchen“) von der Jahresversammlung Ihrer Partei denke, wo Sie sich wie folgt über die Arbeit im Gemeinderat äußern: „Das Klima habe sich….stark verbessert, auch wenn einige Gemeinderäte ihre Aufgabe nur darin sehen würden, mit Unwahrheiten und Verleumdungen dem Bürgermeister zu schaden.“ Da der Ortsvorsitzende und Gemeinderat Biller als Schreiber des Berichts diese Einschätzung ausdrücklich bestätigte, gehe ich von der Richtigkeit dieser Äußerung aus. Es müsste Ihnen klar sein – und Ihr Verhalten der letzten Wochen scheint es leider zu bestätigen – , dass Sie mit diesem Rundumschlag gegen Gemeinderatskollegen und gewählte Mandatsträger einen Frontalangriff gefahren haben, der eine Ausgrenzungspolitik Andersdenkender für salonfähig erklärt und nicht mehr mit Wahlkampfrhetorik entschuldbar ist.
Man darf rätseln, warum Ihre Nerven so blank liegen. Ist es die spürbare politische Angriffslust Ihres ehemaligen Bürgermeisterstellvertreters, der gezielt den Finger auf Defizite legt und als Sprecher einer neuen Gruppierung im Gemeinderat und als nunmehr Freier Wähler einer Landtagsgruppierung zum politischen Angriff bläst oder „boarisch“ ausgedrückt jede Woche eine neue Sau durchs Dorf treibt ? Ob Ihr Rezept der Verteufelung dieser Person unter gleichzeitiger Förderung der „Willigen“ (angepassten Mitläufer, Gleichgeschalteten) in Ihrem Schlepptau erfolgreich sein kann, möchte ich doch sehr in Frage stellen. Oder ist es die vernehmlich schlechte Stimmung beim Rathauspersonal, die sich häufenden Wutausbrüche des Chefs, die politische Stagnation an vielen Baustellen oder gar der anbrechende Vorwahlkampf um das Bürgermeisteramt 2011? All das kann dem gewöhnlichen Gemeinderat in seiner Gesamtverantwortung nicht egal sein. Nach vier Jahren im Amt (vgl. Pressebericht im Mangfallboten vom 1./2.4.06: Bernhard Schweiger ein Jahr im Amt: „Mein Bemühen ist es, soviel Vertrauen zu gewinnen, dass alle vom Gemeinderat getroffenen Entscheidungen vom gesamten Gemeinderat mitgetragen werden“. Und: „Lernen muss ich auch noch, mit Kritik besser umzugehen“) bleibt von ihren guten und richtigen Ansätzen damals in der praktischen Tagesarbeit heute wenig übrig. Nicht nur ich frage mich: Wie gehen Sie mit Leuten anderer Meinung, mit Andersdenkenden um ? Sich mit der eigenen Meinung öffentlich erkennen zu lassen, nennt man Zivilcourage oder Bürgermut. Manche Menschen würden gern Widerspruchsmut zeigen, aber sie sind noch zu ängstlich. Es geht auch im Gemeinderat darum, in öffentlichen Problemsituationen nicht stumm zu bleiben, sondern sich sachverständig zu machen und sich mit seinem persönlichen Denken und Fühlen zu zeigen. 
Kritik an möglicher Weise falschen Entwicklungen gehört zur demokratischen Streitkultur. Die Auseinandersetzung mit der Fehlerkultur geht bis in die Antike zurück. Die moderne Organisationswissenschaft weiß, dass eine erfolgreiche Fehlerkultur nicht nach Sündenböcken sucht, sondern Fehler erlaubt, um aus ihnen zu lernen. Der selbstkritische Blick zurück ist somit Voraussetzung für einen erfolgreichen Schritt nach vorne.

In diesem Sinne gäbe es viel zu tun, Herr Bürgermeister, um eine künftige vertrauensvolle politische Zusammenarbeit im Gemeinderat zu ermöglichen, zum Wohle der Bürger einer Gemeinde, nicht einer Person oder Partei! Wie sagte schon Bert Brecht: „Das Vernünftige bricht sich nicht von selbst Bahn, sondern es setzt sich nur so viel Vernunft durch, wie die Vernünftigen durchsetzen“.

Mit der Hoffnung auf Besserung
Otmar Rieß, Gemeinderat

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