Griechenlandkrise – und es geht immer weiter?

Geschrieben von ProBürger am in Politik Allgemein

 

Wieder einmal wird über die Notwendigkeit eines Schuldenschnittes für Griechenland diskutiert. Die vereinigte Sozialdemokratie der EU fordert diesen ebenso vehement wie der IWF. Es wäre in dem laufenden Schuldendrama inzwischen der dritte. Der erste, direkte Schuldenschnitt hat im März 2012 stattgefunden und die Gläubiger verzichteten dabei auf 105 Milliarden Euro. Der zweite, indirekte erfolgte im November 2012 und brachte vor allem eine deutliche Verlängerung der Rückzahlungsmodalitäten für einen Großteil der Schulden sowie niedrigere Zinszahlungen bzw. eine Stundung derselben für wenigstens zehn Jahre – geschätzt verzichteten die Gläubiger so auf mindestens weitere 45 Milliarden Euro. Geholfen hat dies freilich alles wenig. Die Schulden Griechenlands liegen inzwischen höher als vor den beiden Schuldenschnitten.

So darf man denn auch vermuten, das Drängen des IWF ist weniger guten ökonomischen Gründen geschuldet, sondern viel mehr der Sorge um US-Großbanken. Diese waren zwar deutlich klüger als ihre europäischen, insbesondere deutschen und französischen Kollegen und haben darauf verzichtet, Athen Milliardenkredite auszureichen. (Man mag einwenden, dass sich die US-Banken so ein gutes Geschäft entgehen haben lassen. Schließlich konnten die französischen und deutschen Banken lange Jahre gute Zinsen kassieren und schließlich den Großteil der eigentlichen uneinbringlichen Forderungen bei der öffentlichen Hand abladen, aber das ist eine andere Geschichte). Ganz unbeteiligt aber sind auch sie an dem Drama nicht.

Dies hat mit den berühmt-berüchtigten Credit Defaults Swaps (CDS) zu tun und unter welchen Bedingungen sie fällig werden. Was diese Bedingungen genau sind, ist unter Juristen höchst umstritten und wird wohl im Fall des Falles noch viele Gerichte sehr lange beschäftigen. Aber eine freiwillige Neustrukturierung dürfte das Risiko, dass die CDS auf griechische Anleihen ausgelöst werden, deutlich reduzieren als beispielsweise eine einseitige griechische Erklärung der Zahlungsunfähigkeit. In diesen CDS dürfte auch der wahre Grund zu suchen sein, weshalb der IWF Griechenland nicht offiziell für bankrott erklärte und versuchte, seine Ansprüche zu schützen, als das Land seine im Juni fälligen Kredite an den Fonds nicht beglich.

Wie dem auch sei, die Entwicklung seit den ersten beiden Schuldenschnitten belegt eigentlich hinreichend, dass ein Schuldenschnitt alleine überhaupt keine Lösung der Probleme bringt. Das begreifen zwar die mehrheitlich keynesianisch orientierten Ökonomen nicht, aber bloß weil vermeintliche Wissenschaftler (darunter sogar

Nobelpreisträger) etwas nicht begreifen, ändern sich ökonomische Gesetze nicht. Eines davon lautet eben: Wer Probleme, die aus zu vielen Schulden erwachsen, mit noch mehr Schulden lösen will, wird am Ende mit viel zu vielen Schulden dastehen. Unabhängig eines zwischenzeitlich erfolgten Schuldenschnitts. Aber wie das Keynesianern klarmachen?

Vor einem wie auch immer gearteten, weiteren Schuldenschnitt muss Hellas also seine Wettbewerbsfähigkeit wieder herstellen und zwar nicht nur gegenüber anderen Ländern, sondern vor allem in seinem Inneren. Dass der Euro zu stark für Griechenland ist, wurde – nicht nur an dieser Stelle – schon oft kommuniziert. Die Niederlande oder Österreich sind im eigentlichen nicht Griechenlands Konkurrenten, dies sind eher Bulgarien, Rumänien oder die Türkei. Weil jene aber nicht Mitglieder der Eurozone sind, produzieren sie deutlich billiger. Um diesen Staaten gegenüber wieder konkurrenzfähig zu werden, muss Hellas abwerten. Solange Griechenland Teil der Eurozone bleibt, würde dies vor allem niedrigere Löhne und Renten, ein höheres Renteneintrittsalter sowie deutlich weniger Staatsausgaben bedeuten. Politisch ist dies, wie die Wahlergebnisse zeigen, nicht durchzusetzen. Zumal es ja auch nur einen Teil der Lösung darstellt.

Zeitgleich nämlich müsste Griechenland in seinem Inneren überhaupt erst einmal beginnen, den Wettbewerbsgedanken umzusetzen. Dies ist noch viel schwieriger zu erreichen als die interne Abwertung. Das Land müsste sich von seinem über Jahrhunderte gewachsenen System des Klientelismus verabschieden. Nahezu jeder Wirtschaftsbereich in Griechenland ist komplett staatlich reguliert. Zahllose Paragraphen machen effizientes Wirtschaften beinahe unmöglich und dienen nur dazu, den jeweiligen Grüppchen in der jeweiligen Nische unliebsame Konkurrenz vom Leib zu halten. Dadurch wurden und werden der jeweiligen Klientel zwar die Pfründe gesichert, aber das Leben für die Gesellschaft insgesamt drastisch verteuert und die Menschen in die Schattenwirtschaft getrieben. Dennoch will niemand auf seine Pfründe verzichten und schiebt die Schuld lieber einem anderen Grüppchen in die Schuhe.

Diese Geisteshaltung spiegelt sich auch auf EU-Ebene, im Verhalten Athens gegenüber seinen Gläubigern wider. Konsequent wird die eigene Verantwortung für das Destaster geleugnet. Stattdessen schiebt man die Schuld den Deutschen und dem angeblich von ihnen aufgezwungenen Sparprogramm zu, erinnert an vermeintlich ausstehende Reparationen und erwartet zeitgleich die dauerhafte Alimentierung. Bedenkt man die letzten Wahlergebnisse in Griechenland, darf man davon ausgehen, dass sich diese Haltung nicht ändern wird. Weder auf der europäischen Bühne noch in Griechenland selbst.

Wenn es sich aber so verhält, dass ein freiwilliger Schuldenschnitt nur in Verbindung mit der Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit sinnvoll ist, diese aber von den Griechen gemieden wird, wie das Weihwasser vom Teufel, muss man eigentlich darauf drängen, Griechenland so schnell als möglich aus der Eurozone auszuschließen. Dabei aber gibt es mehrere Haken. Zum einen kann kein Land aus der Eurozone geworfen werden – angesichts der zahllosen Rechtsbrüche der vergangene Jahre aber eigentlich kein Argument. Wo ein Wille ist, wäre auch ein Weg. Damit aber sind wir schon beim viel größeren Haken: Die Mehrheit der Eurozone, insbesondere die großen Länder ticken ähnlich wie Griechenland. Allen voran Spanien, aber auch Italien, der Schuldenmeister der EU. In Frankreich glaubt man ebenfalls daran, dass eine wie auch immer

bezeichnete übergeordnete Organisationsform mit unendlich tiefen Taschen alle Probleme besser regeln könne als die direkt Betroffenen. Die unendlich tiefen Taschen wähnt man bei den deutschen Nachbarn, die sich Paris über die EU zu Eigen machen möchte. Angesichts dieser Gemengelage kann es eigentlich nur eine sinnvolle Konklusion geben: Nicht Griechenland, sondern Deutschland muss die Eurozone verlassen. So schnell und so konsequent als möglich.

Damit gingen unbestritten Kosten einher. Die an Griechenland und die übrigen Krisenstaaten der EU ausgereichten Gelder müssten weitestgehend abgeschrieben werden. Gleiches gilt für die aus den Target2-Salden resultierenden Forderungen der Bundesbank gegenüber der EZB sowie den deutschen Anteil an den an Griechenland ausgereichten ELA-Krediten der Zentralbank. Selbst wenn das Eurosystem nach einem deutschen Austritt Bestand haben sollte, werden die Forderungen Deutschlands gegen das Eurosystem aufgrund der dann folgenden Euroabwertung deutliche Verluste ausweisen. Auch für die Exportindustrie und die dort Beschäftigten würden harte Zeiten heraufziehen. Die Aufwertung der neuen Währung würde sie unter massiven finanziellen Druck setzen und sie darüber hinaus wieder dazu zwingen, auf die Qualität der produzierten Güter zu achten – ein schmerzhafter Anpassungsprozess. Im Gegenzug aber würden vor allem zwei Aspekte eines deutschen Euroaustritts die Kosten langfristig mehr als aufwiegen. Zum einen werden auch die Schulden der Bundesrepublik nach einem solchem Schritt deutlich abwerten. Schließlich sind diese auch in Euro nominiert. Noch entscheidender aber wäre das Ende der permanenten Kapitalexporte.

Wenigstens 200 Milliarden Euro fließen durch die Währungsunion jährlich aus Deutschland ab. Dies macht sich überall bemerkbar: An der maroden Infrastruktur, mangelnden Investitionen in Wissenschaft und Forschung und nicht zuletzt fehlen sie im Geldbeutel der Bürger. Ohne diesen Kapitalabfluss würde die Binnenwirtschaft sofort deutlich anziehen. Die unbestrittenen Ungleichgewichte zwischen Export- und Binnenwirtschaft würden sich automatisch reduzieren. Die Bürger würden endlich wieder real steigende Einkommen erfahren. Importe würden sich aufgrund der Währungsaufwertung deutlich vergünstigen.

Wer ohne die ideologischen Scheuklappen einer alternativlosen und bürgerfernen immer tieferen Integration der EU über die Sachlage nachdenkt, kann nur zu dem Schluss gelangen, dass die Auflösung der Währungsgemeinschaft durch den Austritt Deutschlands aus ihr der beste und gesündeste Schritt für die Völker Europas wäre.

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